2.2 Ziele der Evaluation
Nach Gerl ist „Ziel einer jeden Evaluation (...), durch die mit ihrer Hilfe
herbeigeführte Aufklärung die Lernqualität solcher Situationen zu verbessern“
(Gerl 1983, S.20).
Dabei können weitere Ziele und Motive für Evaluationen bei den Durch-
führenden ausschlaggebend sein. Tabelle 1 liefert eine kleine Übersicht von
pädagogischen und ökonomischen Motiven. Die ökonomischen Motive werden
in späteren Kapiteln nur bei pädagogischer Relevanz am Rande weiterverfolgt.
Pädagogische Motive | Ökonomische Motive |
Lehrerfolgs-Nachweis | Ressourcen-Gewinnung |
Lernmotivations-Anreiz | Ressourcen-Bemessung |
Lernerfolgs-Nachweis | Rechenschaftslegung |
Bildungsbedarf-Hinweis | Effizienz-Nachweis |
Tabelle 1: Pädagogische versus ökonomische Motive (Bronner/Schröder 1983, S.45)
Laut Gerl (1983, S.22) sind „wünschenswerte und auch erwartbare Folgen und Ergebnisse einer Evaluation“:
- Integration der Teilnehmer in den Lernprozeß,
- Verbesserung der Selbststeuerung einer Lerngruppe,
- Kontrolle der Fortschritte des Teilnehmers durch diesen selbst,
- gesteigerte Lernmotivation.
Mit der Evaluation können noch weitere Ziele verfolgt werden.
2.2.1 Didaktisches Mittel
Evaluation kann als didaktisches, lernförderliches Mittel genutzt werden. Es ist beispielsweise möglich, eine Wiederholung, Vertiefung und Diskussionsgrund- lage über die Evaluation zu erreichen. Genauso bietet es eine Zusammenfassung und Einübung (vgl. Gerl 1983, S. 75). Damit erhält Evaluation eine Doppel- funktion; sie ist „kein funktionsloses Anhängsel an den Lernprozeß, sondern integraler Teil des Lernprozesses und seiner didaktischen Gestaltung“ (Reischmann 1993, S.201).
2.2.2 Qualitätsentwicklung
Zur Qualitätsentwicklunggehört sowohl die Verbesserung als auch die Sicherung der Qualität. Durch Evaluation wird angestrebt, Bildungsvermittlung in verschiedensten Formen zu überprüfen. Durch die Analyse sollen eventuelle Schwächen erkannt werden, die dadurch erst gezielt bearbeitbar werden.
Bei der Qualitätssicherung wird das erreichte Niveau der Ausbildung durch die
Evaluation ‚überwacht‘, und es können bei Abweichungen entsprechende
Maßnahmen eingeleitet werden.
Dabei gilt auch: „Nicht nur ob, sondern wie etwas erreicht ist, sollte das
Erkenntnisziel einer adäquaten Evaluation sein“ (Tietgens 1990, S.5).
Also nicht nur auf das Ergebnis, sondern auch auf den Prozeß sollte bei der
Qualitätsentwicklung geachtet werden.
2.2.3 Transparenz
Durch Evaluation kann Transparenzsowohl für die Beteiligten als auch für
Außenstehende geschaffen werden. Erst durch die Transparenz sind Beurteilung,
Vergleich, Verbesserung und Leistungsmessung möglich. Sie kann (und sollte) an
verschiedenen Punkten geschaffen werden: Input, Prozeß, Output und Transfer
gehören zu einer ganzheitlichen Beurteilung.
Transparenz ist notwendig, um Entscheidungen zu treffen und Planungen
fundierter umsetzen zu können.
2.2.4 Leistungsmessung
Über die Evaluation kann eine Leistungsmessungstattfinden. Dabei sollte diese Zielsetzung nicht für einen Selektionsprozeß wie in der Schule mißbraucht werden. Die Leistungsmessung ist ein kritischer Punkt, der oft mit den pädagogischen Wertvorstellungen und den Zielsetzungen kollidiert. Dabei muß immer bedacht werden, daß eine Leistungsmessung in der entsprechenden Umsetzung für die Teilnehmer ein wertvolles Feedbacksein kann und Lernprozesse beschleunigt oder erst ermöglicht.„Mißerfolg ist die Chance, es nächstens besser zu machen“ (Henry Ford). Dabei ist Ford aus didaktischer Sicht hinzuzufügen, daß die Chance steigt, es besser zu ‚lernen‘, wenn ein direktes Feedback auf eine Leistung erfolgt. Im Gegensatz zur Schule, in der das Feedback durch die Rückgabe einer Klassenarbeit erst Tage später erfolgt, sollte bei der Leistungsmessung ein unmittelbares, persönliches Feedback erfolgen.
2.2.5 Rechenschaftslegung
Vermehrt wird bei Mittelvergabe eine Rechenschaft über eine Verwendung derselben gefordert. So kann Evaluation das Ziel der Legitimation verfolgen, um den effizienten Einsatz von Ressourcen und die Wirksamkeit der Maßnahmen nachzuweisen. Denn, „wer nicht nachweist, was seine Tätigkeit bringt, (wird) in weniger bildungsfreundlichen Zeiten Schwierigkeiten haben, sein Angebot zu rechtfertigen“ (Reischmann 1993, S.201).
Über die angestrebten Ziele müssen die Beteiligten aufgeklärt werden, besonders wenn Evaluation zur Legitimierung eingesetzt wird.
2.2.6 Zusammenfassung
Vor Beginn der Evaluation muß die Zielsetzung so weit wie möglich geklärt
werden. Dabei kann es durchaus zu Interessenkonflikten zwischen beteiligten
Gruppen kommen. Beispielsweise könnten die Auftraggeber eine legitimations-
orientierte Evaluation fordern, hingegen die Kursleitung eine entwicklungs-
orientierte, um den Kurs weiterentwickeln zu können.[2]
Dabei können Ziele sowohl in Konkurrenz zueinander stehen als auch einander
ergänzen.
Eine Ideallösung kann niemals gefunden werden. Eine absolute Aussage ist bei der Evaluation keine sinnvolle Zielsetzung. Die gewonnenen Aussagen sind immer relativ, leisten aber ihren Beitrag, die „Wahrscheinlichkeit für die Auswahl einer besonders guten Verhaltensalternative zu erhöhen“ (Wottawa/Thierau 1998, S.21).